Diese Seite bietet Ihnen eine erste Einführung in die Meditationspraxis. Es handelt sich hierbei um die gegenstandslose Form der Meditation. Diese basiert auf den beiden Aspekten Körper (äußere Haltung) und Geist (innere Haltung). Beide Aspekte können somit in dem Begriff Haltung zusammengeführt werden. Dieser Artikel versucht Ihnen diese beiden Aspekte näher zu bringen, um somit die Grundlage zur Meditation zu schaffen.
Äußere Haltung
Die Übung des Sitzens (im Zen sprechen wir von Zazen, in der Mystik von der Kontemplation) beginnt im Körper. Wenn wir uns auf unser Kissen oder Bänkchen setzen, kippen wir unser Becken nach vorne (→ Gesäß nach hinten, Bauch nach vorne) und spüren so unsere Sitzhöcker auf der Unterlage. Nach und nach spüren wir durch unseren gesamten Körper. Die Beine und den Kontakt zum Boden, das Becken und den Bauchraum. Die Wirbelsäule, Wirbel für Wirbel bis zum Scheitel. Dabei richten wir uns auf, hin zur natürlichen Haltung. Wir spüren die Stirn, die Kiefergelenke, das Gesicht. Die Augen sind leicht geöffnet und der Blick leicht gesenkt. Die Zunge liegt hinter den Schneidezähnen am Gaumen. Die Schultern fallen entspannt zur Seite, die Hände liegen verschränkt im Schoß oder ruhen auf den Knien. Manchmal ist es auch hilfreich durch eine leichte Pendelbewegung den Körper zu zentrieren und somit die Haltung zu stabilisieren. Die Stabilität der Haltung ist von entscheidender Bedeutung für die innere Stille. Deshalb werden verschiedene Meditationshaltungen empfohlen (z.B. volle / halbe / viertel Lotushaltung, aber auch Fersensitz auf dem Kissen / Bänkchen bzw. Sitzen auf dem Hocker / Stuhl). Wichtig ist dabei die aufrechte Haltung. Es sollte sich dabei jedoch nicht um ein erzwungenes oder „gemachtes“ Aufrechtsitzen handeln, sondern um eine von innen heraus stimmige Haltung. Von Zeit zu Zeit kann die Haltung während der Meditation mit kleinen Bewegungen korrigiert werden.
Innere Haltung
Kommen wir nun zu der inneren Haltung des Geistes. Wenn wir sitzen erkennen wir, dass unsere Gedanken ständig in Bewegung sind. Unser innerstes Wesen hingegen ist rein und unberührt. Jedoch ist diese Ebene unserem alltäglichen Bewusstsein fern. Wir denken an die Besorgungen, die wir noch zu erledigen haben, machen uns Sorgen um unsere Familie, haben Versagensängste usw. Dabei formt unser Verstand einen Gedanken nach dem anderen. Es ist die Natur der Ratio, sich Bilder und Vorstellungen zu machen, um sich daran fest zu halten oder sich sogar damit zu identifizieren. Hier setzt die Übung der Meditation an. Durch verschiedene Übungen, die im Folgenden beschrieben werden, bringen wir den Verstand zur Ruhe. Mit der Zeit offenbart sich unser wahres Wesen, die Ratio tritt dabei in den Hintergrund. Die Notwendigkeit zur intellektuellen Auseinandersetzung mit Sorgen und Problemen, wie es sich im Alltagsbewusstsein immerfort vollzieht, verschwindet und wir gewinnen Abstand dazu und somit eine innere Freiheit. Unser Geist öffnet sich dabei hin zum Ganzen.
Was ist nun der Weg zu unserem wahren Wesen?
In der gegenstandslosen Meditation gibt es drei Formen der Übung:
- Gewahrsein des Atems. Hierbei richtet sich die Aufmerksamkeit auf den Atem. Wir beobachten den Atem wie er kommt und geht. Der Atem fließt dabei von selbst ein und aus. Das begleitende Zählen von eins bis zehn oder die Worte „aus“ beim Ausatmen und „ein“ beim Einatmen können unterstützend wirken.
- Gewahrsein eines Lautes: Die Aufmerksamkeit richtet sich hierbei auf einen Laut (im Zen etwa „Mu“, in der Kontemplation z.B. „Jesu“). Wir tönen innerlich „Muuuuuuuuu“ oder „Jeeesuuuuuu“ und sind ganz beim Klang dieses Lautes. Die Wahl des Wortes sollte dabei so getroffen werden, dass ein erdender Klang entsteht. Dies wird durch das Vorhandensein von Vokalen unterstützt. Ein Wort dessen Bedeutung eine innere Offenheit mit sich bringt, kann zusätzlich unterstützend wirken.
- Absichtsloses Sitzen: Bei dieser Übungsform nimmt der Geist einfach wahr. Ähnlich dem Gewahrsein des Körpers zu Beginn des Sitzens, lässt der Geist die Regungen des Verstandes einfach kommen und gehen ohne darauf einzugehen. Er bleibt beim Wahrnehmen (da ist ein Zwitschern, es hupt usw.) ohne zu werten oder zu kategorisieren (schön wie der Vogel zwitschert, warum hupt der nur usw.).
Falls wir beim Üben abschweifen und uns in Gedanken verlieren, setzen wir wieder neu an. Wir gehen mit unserer Aufmerksamkeit wieder zum Atem, zum Mu oder üben uns im absichtslosen Sitzen. Eine Sitzzeit von 25 – 40 Minuten hat sich bewährt, denn im Laufe der Meditationssitzung gewinnen wir an Konzentrationskraft. Am Ende einer Sitzperiode fällt es uns in der Regel leichter bei der Übung zu bleiben als zu Beginn. Zusätzlich ist es hilfreich die Meditationsübung in den täglichen Ablauf zu integrieren. Dazu dienen z.B. ein fest eingerichteter Meditationsplatz, eine fest gewählte Zeit (z.B. nach der Morgentoilette) oder ein Ritual (wir zünden z.B. eine Kerze an, verneigen uns vor dem Sitzplatz etc.). Der regelmäßige Besuch einer lokalen Gruppe, sowie die wiederkehrende Teilnahme an Meditationskursen unterstützen ebenfalls die Übung.
Beim Sitzen neigen wir dazu, die Übung richtig machen zu wollen. Dies steht jedoch im Gegensatz zum Kern all dieser Übungen, die uns helfen wollen, uns zum Ganzen hin zu öffnen. Denn öffnen bedeutet loslassen, sich einlassen auf den Augenblick. Ähnlich dem Erlernen eines Instrumentes bedarf es Geduld, Zeit und stetes Üben, um tiefer in die Wirklichkeit eindringen zu können. Die Wirkung der Meditation reicht dann auch hinein in den Alltag und die Übung kann mehr und mehr zur Lebensaufgabe werden. So kann z.B. jeder Schritt auf dem Weg zur Arbeit oder das Sitzen in der Straßenbahn zur Übungsmöglichkeit werden.
Shunryū Suzuki gab einem seiner Bücher den Titel „Zen-Geist Anfänger-Geist“. Hieraus ist ersichtlich, dass der Meditationsweg einem unterwegs sein gleicht. Was zählt ist die lebendige Erfahrung des Augenblicks, des Hier und Jetzt. Unser Verstand neigt dazu, sich Bilder zu machen. Wenn wir von der Erleuchtung hören, prägt sich schnell das Bild des Erreichens eines Endzustandes ein. Jedoch ist dies ein Trugschluss. So etwas wie ein bleibender Erleuchtungszustand wäre wiederum ein Verhaften, ein Steckenbleiben. Die Erfahrung des Soseins zielt immer nur auf den Augenblick: Es ist dieser Schritt, dieser Atemzug, dieses Autogeräusch. Nichts weiter. So heißt es bei Meister Eckhart :
Der Mensch soll je eines tun.
Alles kann er ja doch nicht tun.
Aber in dies eine soll er alles fassen.
Der Meditationsweg ist ein Weg nach innen. Durch das Entleeren der Gedanken wird der Geist gereinigt. Bei dieser Reinigung lernen wir uns selbst kennen, lernen uns anzunehmen, wie wir sind. Auch wird es uns möglich, unsere Schattenseite zu sehen und anzunehmen. Das Leben wird dadurch authentisch und gewinnt an Lebendigkeit. Weiterhin schärft dieses Kennenlernen den Blick für die Situation, was wiederum zur adäquaten Handlung führt. Es ist aber kein Handeln, das primär dem Denken entspringt, sondern von innen heraus geschieht. Der Leitsatz „ich will“ wird zum „Dein Wille geschehe“. Es sei hier auf die Gefahr des Dogmatismus hingewiesen. Es handelt sich nicht um eine verstandesmäßige Änderung des Handelns. Es geschieht einfach. Vergleichbar dem Brüten einer Henne, reift etwas heran, was nach außen nicht sichtbar ist; aber dann auf einmal in Erscheinung tritt.
Abschließen möchte ich mit einem Vers von Johannes Tauler (14. Jhd.).
Wenn der Mensch in der Übung der inneren Einkehr steht
Wenn der Mensch in der Übung der inneren Einkehr steht,
hat das menschliche Ich für sich selbst nichts.
Das Ich hätte gerne etwas
und es wüsste gerne etwas
und es wollte gerne etwas.
Bis dieses dreifache „Etwas“ in ihm stirbt,
kommt es den Menschen gar sauer an.
Das geht nicht an einem Tag
und auch nicht in kurzer Zeit.
Man muss dabei aushalten,
dann wird es zuletzt leicht und lustvoll.
Danke für einen prägnaten, leicht verständlichen, nachvollziehbaren Text.
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